Publikationen/Veranstaltungen mit dem WORTSEGEL

Schreibwettbewerb
Die Gemeinde Tholey veranstaltet seit 2006 an den saarländischen Schulen den Lyrikwettbewerb "Wortsegel".
Namensgeber ist die Stahlplastik WORTSEGEL, das "Denkmal für Poesie".

    

    

    

    

        

    

    

    




10 Jahre Schreibwettbewerb WORTSEGEL (2016)

Titelseite und eine Doppelseite der Jubiläums-Broschüre

 (Mehr zum Schreibwettbewerb WORTSEGEL auf den Webseiten des Saarlandes und der Gemeinde Tholey.)


Lesung unter dem WORTSEGEL
Mit Ludwig Harig, Alain Lance, Johannes Kühn
und Heinrich Popp


Saarland
Wolfgang Felk, DUMONT direkt, Vorwort

Mein heimliches Wahrzeichen
Eine Skulptur aus Stahl, schwebend zwischen Himmel und Erde: das "Wortsegel" am Schaumberg im nördlichen Saarland. Es fängt in kühnem Schwung die Poesie und die Geschichte des Landes ein, schlägt den Bogen von den ersten Mönchen der nahen Abtei Tholey, die vor 1300 Jahren das geschriebene Wort ins Land brachten, bis zur Dillinger Hütte, die High-Tech-Stahl für Brücken, Hochhäuser und Schiffe in aller Welt herstellt, aber auch ein Herz für Künstler hat. Richard Serra, einer der bedeutendsten Bildhauer der Gegenwart, lässt seine Stahl-Werke in Dillingen fertigen. Wie auch der Saarländer Heinrich Popp, Schöpfer des "Wortsegels".


DIE METHAPHORIK DER AUTOBAHN
Literatur, Kunst, Film und Architektur nach 1945
Jan Röhnert (Hg.), böhlau

Heinrich Popp
Wortsegel

Zwei junge Milane üben lautlos das Gleiten am Südhang in der Thermik meiner Erinnerungen. Sechzig Jahre schon. Im Frühsommer.
     Wir wollten das Unendliche ermessen, und die Geschichte vom fliegenden Robert machte uns traurig. Wir lagen lange wach. Tagsüber, beim Viehhüten war der Horizont ein großes Geheimnis. Maulwurfshügel, das Gesicht auf die Erde gepresst, durch das Gras betrachtet, ruhten wie wuchtige braune Berge hinter grünen schlanken Bäumen vor dem blauen Himmel, und der Frosch, der ein Holzschiffchen durch den angestauten Tümpel zog, war ein strampelndes Ungeheuer in einem großen Meer mit Steilküste. Marco Polo, John Mandeville und das Reich des Priesters Johannes mit seinen fantastischen Geschöpfen tauchten erst viel später auf. Der alte Schulatlas war Ivans ganz große Welt. Darauf bereiste er alle Kontinente, und seinen Schiffskapitänen waren alle Häfen vertraut. Die Schrecken des Eises konnten ihm nichts anhaben, und in der Finsternis bewegte er sich mit traumwandlerischer Sicherheit. Wie Heinrich der Seefahrer kannte er alle Meere und hatte doch immer festen Boden unter den Füßen. Seine Begeisterung kam aus der Distanz, die bekanntlich die größte Nähe schafft. Seine Nähe zur Ferne.
     Weil man seine Füße festgenagelt hat, schon früh, sind seine Sinne Nomaden geworden; flatterhaft wie Nachtfalter.
     Mit dem Guineastrom aus Südwest wälzt sich die Autobahn, nun fur immer, durch unsere Auwiesen, über den geduldeten Rastplatz für Zigeuner und Landfahrer der Nachkriegszeit am ,,Heidenborn" vor dem Dorf, nach Nordwest. En passant: der Betonchristus am Schaumbergkreuz, vom Sockel geholt bei der vorletzten Renovierung des Turmes und in eine unvorteilhafte Perspektive gestellt; kopflastig. Die Quellen, in denen wir unsere überhitzten Gesichter nach unserer Rückkehr aus den Tropen, auf dem Bauch liegend, kühlten und den Durst löschten nach den Gerüchten (unglaublich) aus der Fremdenlegion, wurden ordentlich verrohrt und entwässern nun unsichtbar vorschriftsmäßig.
     Jetzt, nach vielen Jahren (in den einschlägigen Kneipen der St. Johanner "Kappengasse" werden schon seit Langem keine vom Fernweh geplagten, naiven Dorfbuben mehr für die Fremdenlegion rekrutiert), fließen die Waser der Erinnerung immer noch klar und glitzernd mit mannigfaltigen Schwebestoffen, die, ans Tageslicht gebracht, zu Wörtern werden, Rückenwind bekommen (auch Kreuzen vor dem Wind ist möglich), und zu erzählen beginnen. – Wortsegel